Der Sommer geht zu Ende, der Herbst kommt - und der Laubwald wird bunt. Das ist schön, oftmals eine Pracht - aber warum ist es so? Und warum nur bei Laubbäumen, nicht auch im Nadelwald? Das interessiert die Forscher schon seit 200 Jahren.
Aber erst seit kurzem weiß man Bescheid - wenigstens einigermaßen. Viele Fragen sind noch nicht geklärt. Eins steht immerhin seit langem fest: die grüne Farbe der sommerlichen Blätter rührt vom Chlorophyll her. Das ist jener Farbstoff, der die "Photosynthese" möglich macht und mit ihr bewirkt, dass aus Wasser und Kohlendioxid unter dem Einfluß der Sonnenenergie Kohlehydrate entstehen. Da mit Herbstbeginn die Sonnenkraft schwächer wird, also auch die Photosynthese nicht mehr so erfolgreich sein kann, braucht der Baum die Blätter nicht mehr. Sie würden eher stören, weil der winterliche Schnee manchen belaubten Baum zu sehr belasten würde. Deshalb, so nimmt man an, läßt der Baum im Herbst seine Blätter fallen.
Weiteres kommt hinzu: über die Spaltöffnungen an der Unterseite der Blätter wird ständig Wasser verdunstet, der Baum »transpiriert". Das garantiert im Sommer den ununterbrochenen Wasser- und Nährstofftransport von der Wurzel zu den Blättern. Im Winter würde durch die Blätter Wasser verdunsten, ohne dass dem gefrorenen Boden neues entzogen werden könnte. Der Baum würde womöglich austrocknen.
Nicht zuletzt enthält das Wasser, das durch ein kunstvolles Röhrensystem in die Blätter transportiert wird, neben den Nährstoffen auch chemische Beimengungen wie Kalzium oder Kieselsäure. Die aber werden nicht abgebaut. Sie verschwinden auch nicht mit dem Wasserdunst in die Luft, lagern sich als Stoffwechselschlacken in den Blättern ab und machen diese zu einer Art chemischer Mülldeponie des Baumes.
Auf diese Weise verlieren die Blätter ganz von selbst nach und nach ihre photosynthetischen Fähigkeiten und sterben ab.
Durch den allmählichen Zerfall des Chlorophylls verlieren die Blätter nach und nach ihre grüne Farbe. Gleichzeitig werden andere Farbsubstanzen (Xanthophylle mit gelben bis bräunlichen Farbstoffen, die in allen grünen Pflanzen vorkommen, sowie gelbe bis rote Karotine) mit Fettsäuren zu Farbwachsen umgewandelt: So erscheinen die Blätter gelb.
Bei manchen Baumarten werden während dieser Zeit in den Blättern zusätzlich rote Farbtöne sichtbar. Die rühren vom Zellsaft her, der durch Anthocyane rotgefärbt ist.
Der nächste Schritt: Die Leitungsbahnen vom Stamm zum Blatt verkorken sich. Am Fuß des Blattes bildet sich eine Korkschicht, die jede Verbindung zum Baum unterbricht. Jetzt hängt es nur noch von der Stabilität dieser letzten Verankerung und von der Stärke des Herbstwindes ab, wann das Laub davongetragen wird. Bei Buchen, Hainbuchen oder den Traubeneichen bleibt es - dürr und braun - oft den ganzen Winter über an den Zweigen.
Wie aber ist es mit den immergrünen Pflanzen? Wie steht es bei den Tannen und Fichten?
Nadelbäume unterliegen den gleichen Gesetzen wie Laubbäume, nur haben sie einen anderen inneren Rhythmus und wechseln ihre Blätter - in diesem Fall die Nadeln - nicht jedes Jahr (mit Ausnahme der Lärche), sondern periodisch in mehrjährigem Abstand. Tannennadeln bleiben bis zu zwölf Jahre am Baum, die Nadeln der Fichte bis zu acht (in Bergregionen manchmal zwölf Jahre); dann trocknen aber auch sie aus und fallen zu Boden. Bloß merkt man das kaum, weil bei gesunden Bäumen nicht sämtliche Nadeln zugleich ausfallen.